Sein wir mal ehrlich, die ehernen Grundsätze des Berufsbeamtentums: 1. Haben wir schon immer so gemacht 2. Haben wir noch nie so gemacht und 3. Wo kommen wir denn da hin, sind Unternehmen so fremd gleichfalls nicht.
Auch in Unternehmen gelten diese Grundsätze und ich erlaube mir mal zu behaupten, je länger ein Unternehmen im selben Gebiet tätig ist, so stärker sind diese Grundsätze ausgeprägt.
Ich möchte deshalb von dem nicht zu unterschätzenden „Kontinuitäts- oder Beharrungsfaktor“ sprechen, der die Einführung von neuen Entwicklungen erheblich beeinflussen kann.
Wir sind Gewohnheitstiere. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreise von 2012, Daniel Kahnemann, hat dies ins seinem Buch Schnelles Denken, Langsames Denken sehr schöndargestellt. Wir sind alle hervorragend in der Lage uns schnell zu orientierenund alles Wesentliche zu regeln, weil wir schnell und das bedeutet mühelos denken, in dem wir auf unsere Erfahrungen und die Erfahrungen unserer Vorfahrenzurückgreifen. Neues stört hier immer, da es uns zwingt, neu zu denken, langsamzu denken.
Da das anstrengend ist, versuchen wir das meist zu vermeiden, insbesondere dann, wenn wir nicht gleich erkennen können, dass hier ein Vorteil für uns winkt. Warum sollen wir uns also Gedanken darüber machen, wie wir unsere Arbeit, unsere Arbeitsweise ändern, wenn wir auch so gut durch das Leben kommen und jede Menge Energie einsparen können?
Hierauf lassen sich unterschiedliche Antworten geben. Als Unternehmer sollte ich mir vielleicht die Frage stellen, ob ich wirklich mit den bisherigen Arbeitsweisen gut durch das Leben komme und vor allem, wie lange dies noch der Fall sein wird. Ich denke dann daran, dass das Smartphone erst vor gut zehn Jahren das Licht des Marktes erblickt hat und jetzt nach fachkundiger Auffassung seinen Zenit schon wieder überschritten hat und wir über Sprach- und Gedankensteuerung nachdenken, weil das Teil in der Hand viel zu unbequem ist.
Auch wenn ich nicht mein eigenes Unternehmen führe, sondern von den Entscheidungen anderer abhängig bin, kann ich derzeit mit meiner Arbeit sehr gut klarkommen. Dennoch stellt sich natürlich in dieser Situation ebenso die Frage: wie lange noch? Reicht meine Kenntnis, meine Arbeitsweise für den Rest meines Arbeitslebens, oder wird es da eng, was wenn mein Chef nicht die richtigen Entscheidungen trifft und sein Unternehmen keine Zukunft hat, kann ich mich dann mit meinen Fähigkeiten auch woanders verkaufen, oder werden dann von mir andere Fähigkeiten erwartet?
Neues, Unbekanntes erzeugt bei uns gerade nicht automatisch Vorfreude und in vielen Fällen nicht einmal Neugier, so dass wir gern und leicht in bestehenden Strukturen hängen bleiben.
Es stellt immer eine Herausforderung dar und meine Erfahrung hier ist, dass es ungeheuer schwierig ist, Menschen dazu zu bringen, über die eigene Arbeitsweise nachzudenken und diese in verschiedene Richtungen zu reflektieren.
So ist meine Erfahrung im Bereich der Digitalisierung meines Unternehmens, dass der Kontinuitäts- oder Beharrungsfaktor nie unterschätz werden darf. Auch in dem Fall, dass ich selbst von Neuerungen völlig begeistert bin und der Überzeugung bin, dass Dinge doch dadurch viel leichter geregelt werden können, so heißt das für die Menschen, mit denen ich zusammen arbeite doch immer auch Dinge wieder anders machen zu müssen. Das ist erst einmal eine Zumutung.
Es geht dabei nicht um Bequemlichkeit. Der Druck ist heute schon hoch genug und das ist anzuerkennen. Es geht um die Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit und stetiges Lernen von Neuem. Hierzu eine kleine Geschichte:
Ein Mann ging durch einen Wald und hörte nach einer Weile, dass Holz gehackt wurde. Er ging auf das Geräusch zu und je näher er kam, desto mehr hörte er auch, wie der Holzhacker fluchte und schimpfte, dass seine Arbeit nicht zügig von der Hand ginge. Als er schließlich den Ort des Geschehens erreicht hatte, sah er sofort, was los war und er machte den Holzhacker darauf aufmerksam, dass dessen Axt stumpf sei und dass es doch mit einer scharfen Axt viel leichter und schneller gehen würde und dass er doch nur seine Axt zu schärfen bräuchte. Der Holzhacker erwiderte: „Geht nicht, muss Holz hacken.“
So ist es in vielen Unternehmen. Vor lauter Arbeit bleibt keine Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, ob es auch anderes gehen könnte, obwohl gerade das der Weg sein könnte, sich das Leben leichter zu machen.
Nicht dass das Problem als solches nicht gesehen wird, es ist nur so, dass dieses mit seiner Arbeit beschäftigen eben wieder zu Unsicherheiten führt und schnell erkannt wird, dass wieder Neues gelernt werden muss, was erst mal wieder an der Arbeit hindert und was dann vermieden wird. Das bezeichne ich als Kontinuitäts- oder Beharrungsfaktor, der bei allen Entwicklungen nicht unterschätzt werden sollte und der Entwicklungen in erheblicher Weise verzögern kann, obwohl es eigentlich keine wirklichen Widerstände gibt. Diese Verzögerung wirkt selbst dann, wenn eigentlich ein Konsens besteht, dass die Neuerung eine gute Sache ist.
Ich kann nur dazu ermutigen, den Kontinuitäts- oder Beharrungsfaktor immer gleich in die Überlegungen bei der Projektplanung einzubeziehen und von Beginn an zu versuchen, hier Brücken zu bauen, die dazu geeignet sind Wege in neue Arbeitswelten zu erschließen. Und immer daran denken, es wird länger dauern, als geplant.
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